23. August 2023
Der Kleine Landrat hat am 15. August 2023 seine Wohnraumstrategie verabschiedet. Durch gutes Zusammenspiel der auf dem Wohnungsmarkt beteiligten Akteur:innen soll auf die anhaltende Verknappung des Wohnraumangebots reagiert und eine positive Bevölkerungsentwicklung ermöglicht werden. Die zunehmende Attraktivität von Davos als Wohnort, die Herausforderung des demografischen Wandels und die anhaltende Teuerung erfordern dabei gezielte Massnahmen zur Sicherung von Wohnraum für Ortsansässige und zum Erhalt einer vielfältigen Bevölkerungsstruktur.

Die Nachfrage nach Wohnraum in der Schweiz, insbesondere in den Bündner Bergregionen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Dies ist unter anderem auf neue Arbeitsmodelle sowie auf ein günstiges Zinsumfeld zurückzuführen. Die Wohnraumentwicklung führte zu regen Diskussionen in der Öffentlichkeit und zu Vorstössen aus dem Grossen Landrat, die verschiedene Aspekte beleuchten: Von der Förderung von Familienwohnungen über die Entwicklung des Mietwohnungsmarkts bis hin zur Schaffung von attraktivem Wohnraum für verschiedene Altersgruppen. Gleichzeitig weist auch die Davoser Wirtschaft eindringlich auf das Fehlen von genügend Erstwohnungen für ihr Fachpersonal hin. Der Kleine Landrat hat den Handlungsbedarf erkannt und auf Basis einer Wohnraumanalyse am 15. August 2023 die Wohnraumstrategie verabschiedet.

Mehr Arbeitsplätze, weniger Einwohnende und Wohnungen

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Davos laufend erhöht, während die ständige Wohnbevölkerung rückläufig war. Diese Entwicklung führte auch zu einer verstärkten Pendelverkehrszunahme. Heute pendeln gut 1'200 Personen zur Arbeit nach Davos. Die Leerwohnungsziffer lag bis 2019 zwar während einigen Jahren über einem Prozent, fiel jedoch in den letzten zwei Jahren auf den niedrigsten Stand seit 1998. Die Mietpreise stiegen zwischen 2019 und 2022 um etwa 9 % (Median), was viele Haushalte auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Teuerung vor immer grössere Schwierigkeiten stellt.

Die Wohnraumanalyse macht deutlich, dass sich die Lage aufgrund des demografischen Wandels weiter verschärfen wird. So wird bei gleichbleibender Entwicklung in zehn Jahren rund ein Drittel der Davoser Wohnbevölkerung älter sein als 65 Jahre. Diese Personen werden Wohnraum nachfragen, jedoch nicht mehr als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Um neue Arbeitskräfte anzusiedeln, muss daher genügend und geeigneter Wohnraum zur Verfügung stehen. Die Ausdehnung des Wohnangebots wird zusätzlich wichtig, weil im Zuge neuer Trends wie Homeoffice, New Work und Work-Life-Balance die Nachfrage nach Wohnraum steigend ist und in Konkurrenz zur Nachfrage nach Erstwohnungen für Ortsansässige tritt.

Der Wohn- und Wirtschaftsstandort Davos steht also vor der grossen Herausforderung, im Hinblick auf den anhaltenden Personalmangel und den fortschreitenden demografischen Wandel genügend und geeigneten Wohnraum zu schaffen, um eine positive Bevölkerungsentwicklung zu fördern und gleichzeitig dem Fachkräftemangel zu begegnen. Um auf diese Herausforderungen zu reagieren und Davos für Fachkräfte und ihre Familien attraktiver zu gestalten, sieht die Wohnraumstrategie eine Reihe von Massnahmen vor, die eine Trendwende hin zu einer positiven und ausgewogenen Bevölkerungsentwicklung begünstigen und Davos nachhaltig als attraktiven Wohn- und Arbeitsstandort positionieren.

Ziele der Wohnraumstrategie

Basierend auf Erkenntnissen aus der Wohnraumanalyse hat der Kleine Landrat vier klare Ziele definiert, die mit den definierten Massnahmen erreicht werden müssen. Die Umsetzung der Wohnraumstrategie hat dabei bereits begonnen, hat aber einen gesamthaften Realisierungshorizont von zehn Jahren, also bis ins Jahr 2032.

Die Strategie soll dazu beitragen, dass genügend Wohnraum (Ziel 1) entsteht, um eine positive Bevölkerungsentwicklung zu ermöglichen und dem demografischen Wandel und der Personalknappheit zu begegnen. Auf Basis der Bevölkerungsprognose und der durchschnittlichen Anzahl Personen pro Wohnung sowie der Berücksichtigung der Umnutzung von altrechtlichen Wohnungen benötigt es in Davos je nach Szenario bei den Umnutzungen bis 2032 zwischen 650 bis 1'000 neue Erstwohnungen. Im Zuge dieser Entwicklung soll zudem geeigneter Wohnraum (Ziel 2) entstehen, um eine ausgewogene Entwicklung der Bevölkerung zu fördern. Dabei zeigt die Analyse, dass insbesondere auf die Bedürfnisse von Familien und jungen Erwachsenen, der älter werdenden Bevölkerung und von alleinstehenden (auch temporär angestellten) Fachkräften geachtet werden muss. Im Weiteren soll neuer Wohnraum für unterschiedliche Einkommensschichten wirtschaftlich tragbar (Ziel 3) ausgestaltet werden, indem die Gemeinde in ihrem direkten und indirekten Einflussbereich auch Wohnungen zur Kostenmiete fördert. Für die Erreichung der genannten Ziele ist eine gute Zusammenarbeit (Ziel 4) zwischen Gemeinde und privaten sowie gemeinnützigen Akteur:innen zwingend.

Konkrete Massnahmen

Der Kleine Landrat setzt den Hauptschwerpunkt seiner Massnahmen auf die Schaffung von neuen Erstwohnungen. Allein mit den vier bereits initiierten privaten Arealentwicklungen Zentrum Guggerbach, Färbi, Valbella und Ortszentrum Davos Dorf können in den kommenden Jahren rund 325 neue Erstwohnungen in unterschiedlichen Segmenten erstellt werden. Über die noch ausstehenden Teilrevisionen der Ortsplanung wird die Bevölkerung in den Jahren 2023 und 2024 abstimmen können.

Daneben plant die Gemeinde im kommenden Jahr den Start von zwei eigenen Projekten: Am heutigen Standort des Kindergartens Jörg Jenatsch sollen Familienwohnungen mit einem Kindergarten im Erdgeschoss entstehen und im Zuge der Arealentwicklung Val. Meisser sind Wohnungen für Fachkräfte geplant. Für vier weitere Grundstücke werden Baurechtsverträge vorbereitet und Ersatznutzungen für heutige Mietende gesucht. Mit diesen Massnahmen aus der Liegenschaftenstrategie der Gemeinde können weitere 125 Wohnungen gefördert werden.

Zur Erreichung der Ziele wird es darüber hinaus eine weiterhin hohe private Bautätigkeit benötigen. Diese soll durch finanzielle Anreize aus dem bestehenden Fonds zur Förderung von Erstwohnen und Gewerberaum und durch Anreize in der Raumplanung im Zuge der Gesamtrevision der Zonenplanung unterstützt werden. Basierend auf der Auswertung der Anzahl Baugesuche vergangener Jahre wird mit einer privaten Bautätigkeit von rund 500 neuen Erstwohnungen bis 2032 gerechnet.

Neben der Schaffung von neuem Erstwohnraum sind auch gezielte Massnahmen zum Erhalt von bestehendem Erstwohnraum notwendig, damit die Neubauten nicht in zu grossem Umfang durch Umnutzungen altrechtlicher Wohnungen kompensiert werden. Vorgesehen sind Sanierungsbeiträge für altrechtliche Wohnungen, die nach Instandstellung dauerhaft als Erstwohnung genutzt werden. Zudem soll die Gemeinde über einen Rahmenkredit die Möglichkeit erhalten, Liegenschaften zum Erhalt von Erstwohnungen zu erwerben. Grosse Zurückhaltung übt der Kleine Landrat hingegen mit regulatorischen Massnahmen. Hier gilt es den Eigentumsrechten hohes Gewicht beizumessen. Geprüft werden soll lediglich eine Anpassung des kommunalen Zweitwohnungsgesetzes, mit der bei Ersatzneubauten und Auskernungen von Mehrfamilienhäusern in den zentral gelegenen Zonen ein gewisser Anteil an Erstwohnungen erhalten werden soll. Eine Ersatzabgabe soll Eigentümer:innen Spielraum lassen und zur Finanzierung der Wohnraumstrategie beitragen. Die entsprechende Regelung muss von Parlament und Stimmbevölkerung erlassen werden.

Finanzierung und Umsetzung

Die Finanzierung der Wohnraumstrategie ist in der aktualisierten Finanzplanung des Kleinen Landrats abgebildet und auf den weiteren Investitionsbedarf abgestimmt. Neben geplanten Investitionskrediten zur Schaffung und zum Erhalt von Erstwohnungen sollen Förderbeiträge aus dem bestehenden Fonds zur Förderung von Erstwohnen und Gewerbe entnommen werden können. Durch den Beschluss, die Mobilisierung von Gemeindeliegenschaften mehrheitlich durch Baurechtsver­gaben zu bewerkstelligen, kann der Investitionsbedarf resp. der Mittelabfluss der Gemeinde begrenzt werden.

Die Umsetzung der Strategie erfolgt in verschiedenen Schritten. Während einige Massnahmen bereits in die Wege geleitet wurden, werden andere akut an die Hand genommen. Einzelne Teilstrategien können allerdings erst im Rahmen der anstehenden Gesamtrevision der Zonenplanung umgesetzt werden. In einem wichtigen Schritt werden dem Grossen Landrat ein Rahmenkredit für den Bau von Erstwohnungen und den Ankauf von Liegenschaften sowie eine Vorlage betreffend Abschluss von Baurechtsverträgen unterbreitet. Sofern der Grosse Landrat zustimmt, kann die Davoser Stimmbevölkerung noch in diesem Jahr über erste Massnahmen abstimmen.

Wegweisende Vorlage für die Zukunft von Davos

Die Wohnraumstrategie beruht auf einer umfassenden Analyse und sieht ausgewogene und wirksame Massnahmen vor. Es wird erwartet, dass durch die Umsetzung der Strategie unter Berücksichtigung der Umnutzung von altrechtlichen Wohnungen (ca. 250 bis 300 Wohnungen) bis 2032 zwischen 650 und 700 zusätzliche Erstwohnungen geschaffen werden können, womit der Bedarf für eine positive Bevölkerungsentwicklung gedeckt werden kann. Die Wohnraumstrategie ist ein bedeutender Meilenstein für eine nachhaltige Entwicklung von Davos als lebenswerter Wohnort und als attraktiver Wirtschaftsstandort. Der Kleine Landrat setzt damit einen wichtigen Grundpfeiler zur Sicherung der Lebensqualität und zur Stärkung der Wirtschaft vor Ort. Die gute Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft, Bauträgerschaften und weiteren Partnern wird entscheidend sein, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

 

Davos startet eine Wohnraumoffensive.
Davos startet eine Wohnraumoffensive.

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